Ein Tag bei einer gambischen Familie

Die letzten Wochen waren full of Gambia life. Wir waren inzwischen schon mehrmals eingeladen, meistens bei Freunden oder Bekannten von Monika. Und es ist jedes mal ein spannendes Erlebnis. Aber auch auf der Straße werden wir ganz oft angesprochen, die Leute interessieren sich für uns oder lachen uns einfach nur an. Ein Leben, ein Tag hier in Gambia ist einfach so völlig anders als bei uns in Deutschland, kaum vorstellbar!

Eingeladen bei Wally

Ein befreundeter Taxifahrer von Monika namens Wally hat uns letzten Sonntag zu sich und seiner Familie in den nahegelegenen Ort „Ker Wali“ eingeladen. Seine Familie, das bedeutet sein Vater, seine Mutter und Geschwister, die Zweitfrau seines Vaters mit Kindern und diverse Tanten, Großeltern und andere Verwandte, insgesamt über 20 Menschen. Die wichtigsten Personen der Familie sind meistens der Vater und/oder die ältesten der Familie. Die Einladung ist eine große Ehre.

Wallys personalisiertes Taxi auf dem Hof
Wallys Eltern und die alte Großmutter
Der Großvater bekommt den bequemsten Stuhl
Wir bekommen eine Hausführung – Papagei als Haustier

Als wir ankommen wird erstmal ausführlich mit allen Willkommensfloskeln begrüßt: hello, how are you, how ist your morning, how is your family, how is the business o.ä. Wir haben als Gastgeschenk einen 30 Kg Sack Reis mitgebracht. Im Gegenzug schenkt uns die Großmutter ein Huhn. Das wird nun extra für uns zum Mittagessen geschlachtet. Die Kinder dürfen zuschauen.

Das Ehrenhuhn bekommt die letzten Streicheleinheiten…
… dann wird es routiniert geschlachtet.
Instrumente säubern

Während Ronja und Lucia mit den großen Mädels auf dem Hof spielen, zeigt Wally Monika, Clemens und mir die Felder der Familie. Dort wachsen vor allem Cashewbäume und ganz viele Erdnüsse, sowie Mais und Hirse. Die Felder in der einsamen Gegend gefallen uns sehr gut. Es liegt erstaunlich wenig Müll. Ich wusste zum Beispiel auch nicht, wie Erdnüsse wachsen: sie hängen an den Wurzeln unter der Erde (eigentlich sagt das ja der Name schon, aber ich habe noch nie darüber nachgedacht). Außerdem besitzt die Familie einige Tiere.

Wally erntet Erdnüsse für uns
In der Großküchen wird schon fleißig gekocht
Einfallsreichtum ist hier oft gefragt

Als wir zurück kommen ist das Essen schon bereit, Clemens wird eingeladen mit dem Chef und den anderen Männern zusammen aus einer Schüssel zu essen. Monika hat die Ehre mit der alten Großmutter im Haus zu essen und die Kinder und ich essen mit den anderen Frauen und Kindern zusammen. Man sitzt auf kleinen Hockerchen um die große Essschüssel herum. Wir Weißen bekommen Löffel angeboten. Die Einheimischen essen meist mit der (rechten!) Hand. Es gibt Reis und Fisch, das absolute Standardgericht, mit ein bisschen Gemüse und alles gut geschärft. Für mich ist es eine Herausforderung mit meinen drei deutschen Kindern einigermaßen manierlich (nach gambischem Maßstäben) mitzuessen. Doch wo ist unser Hühnchen? Das wird noch extra für uns zubereitet und im Anschluss serviert, wieder mit Reis. Wir bekommen also doppelt Essen. Da wir schon beim ersten Gang zum viel Essen genötigt werden, schaffen wir es nicht alles zu essen. Ist das nun unhöflich?

Wir essen gemeinsam

Vor allem die Frauen und Kinder in Gambia lieben es grundsätzlich, uns bei allem was wir tun zu beobachten. Auch jetzt wird permanent über uns gelacht. Was wohl so lustig ist und was wir wohl alles für Fehler oder merkwürdige Sachen machen die ganze Zeit?

Wie im Kino: „die weiße Familie“ 😀

Nach dem Essen ist es hier auch immer gleich: alle liegen oder sitzen im Schatten und tun nichts bzw. warten auf Ataya, ein starker Grüntee mit Minze und Zucker (oder Zucker mit Grüntee und Minze?). Und vermutlich warten sie auch darauf, dass es wieder ein paar Grad kühler wird… Da die Verständigung schwierig ist, findet wenig Kommunikation mit uns statt. Ich merke immer wieder, wie schwer es mir fällt, einfach nichts zu tun. Und ich frage mich, was wohl besser ist: auch nichts tun zu können oder sich die Zeit mit „sinnvollen“ Tätigkeit zu vertreiben.

Die Kinder fühlen sich wohl
Das erste mal sehe ich hier ein Brettspiel
Mensch ärgere dich nicht

Wally will uns mit seinem Taxi nach Hause fahren. Aber sein Taxi springt nicht an. Er beichtet uns, dass er sein Handy daran geladen hat und das der Batterie wohl den Rest gegeben haben muss. Überbrückungsmöglichkeit gibt es keine. Also müssen alle mit anschieben, was einen starken Schweißausbruch zur Folge hat. Aber wir sind erfolgreich und alle freuen sich.

Als wir zu Hause sind, fühle ich mich völlig verschwitzt, klebrig, sandig und müde von den vielen Eindrücken, aber auch sehr glücklich. Es war ein spannender Tag. Die Familie von Wally hat ein verhältnismäßig ordentliches und schönes Grundstück und ist ausgesprochen gastfreundlich. Wir haben heute viel über die Kultur und Lebensgewohnheiten der Gambier kennengelernt. Aber es war auch sehr anstrengend, denn wir stehen unter ständiger, neugieriger Beobachtung und machen gefühlt alles falsch oder verhalten uns wie Außerirdische. Auch ist es für unsere Kinder (und somit auch für uns Eltern) oft schwierig. Sie dürfen hier Sachen machen, die in Deutschland normal nicht erlaubt sind, wie z.B. mit den Händen essen. Auf der anderen Seite gibt es plötzlich Tabus die in Deutschland ganz normal sind wie z.B. Barfuß laufen oder im Sand spielen. Überall ist Sand und unsere Kinder sehen natürlich überall den Sandkasten zum Spielen. Doch hier ist der Sand oft mit Urin und Kot der überall rumlaufenden Tiere, Ungeziefer und Bakterien und vielem mehr belastet. Wir müssen alle noch viel lernen…

„Warum darf ich nicht im Sand spielen?“
Vater von Wally
Man hört die Kinder hier selten weinen

Hinterlasse einen Kommentar